Zu Besuch bei Green Vinyl in den Niederlanden

Presswerke zur Herstellung von Schallplatten gibt es auf der Welt viele und seit Jahren steigt ja auch die Nachfrage nach dem so genannten "schwarzen Gold". Schallplatten bringen ein Stück Entschleunigung mit sich und auch die Haptik spielt dabei eine Rolle. Die Nachfrage spiegelt sich auch in den Zahlen der Musikindustrie wieder und das auch im Umfeld von Streaming und Download. Denn weltweit behauptet sich das Vinyl und auch die Compact Disc ist aktuell stabil in den Verkäufen. Doch wenn wir von Vinyl reden, gibt es einmal die klassische Form aus PVC (Polyvinylclorit) und seit einigen Jahren auch eine Alternative aus PET (Polyethylenterephtalat). Und genau um eine solche Produktion geht es bei Green Vinyl.
Dieser Termin und die Gelegenheit ergab sich eher spontan. Und daher war es vielleicht auch interessanter und zudem auch individueller. Denn es war ja nicht unser erster Besuch dieser speziellen Vinylproduktion, da wir als Teilnehmer der internationalen Fachkonferenz MediaTech im Jahre 2018 in Eindhoven (NL) ja die Produktion schon einmal als ein Punkt des Programmes präsentiert bekommen hatten.
 
     

Wer oder was ist Green Vinyl?

 
Genau betrachtet ist Green Vinyl kein Presswerk, sondern eher das Ergebnis und die Bestätigung einer Idee, die Harm Theunisse als CEO des Unternehmens Symcon vor Jahren hatte. Das alles zu der Zeit, als die weltweit steigende Nachfrage nach Schallplattenproduktionen auf eine Industrie traf, die keine ausreichenden Kapazitäten hatte, um diese Nachfrage zu befrieden.
Symcon B.V. ist ein Hersteller von Produktionsanlagen und die Grundüberlegung war in diesem Projekt, mit welchen Ideen und auch Technologien lässt sich die Herstellung von Schallplatten anders und besser machen. Ein Team von Spezialisten aus Unternehmen, die in ihren Spezialgebieten ihr Wissen mit eingebracht haben, der Record Industry Verband und die Grundlagenforschung der Fontys University waren die Schlüsselelemente für den Erfolg des Projektes.
Und nicht zuletzt war es auch die Finanzierung durch die Provinz Nord-Braband und der EG, die zur Absicherung der Kosten dieses Projektes über die Jahre erst möglich gemacht hat. Die technische Umsetzung erfolgte über eine umgebaute Maschine zur Herstellung von LaserDisc und insbesondere der Einsatz von PET mit der Technik des Spritzpress-Verfahrens war dann die Lösung. Bis die Ergebnisse der Produktion auch klanglich den Ansprüchen der Vinyl-Liebhaber gerecht wurde, hat es weitere Jahre gedauert und seit etwa zwei Jahren zeigt Harm Theunisse die Funktionsfähigkeit seiner Produktionslinie und produziert mit der Maschine auch Aufträge. Im Ansatz ist mit Symcon im Hintergrund natürlich auch jederzeit der Aufbau von neuen Produktionslinien bei nachfragenden Presswerken mit dem Werkstoff PET möglich und das auch zwischenzeitlich mit recyceltem Material.
Eins dürfte klar sein, der Umweltgedanke und insbesondere der oft zitierte "CO2-Fußabdruck" sprechen für eine Schallplattenproduktion aus PET. Zumal da bei der Produktion bis zu 80% der Energie gegenüber der herkömmlichen Produktion aus PVC eingespart wird.
Bei Green Vinyl ist ein ständig mitlaufender Monitor im Einsatz, der den jeweils aktuellen Status anzeigt (Bild rechts).
Es gibt aber auch produktionstechnische Vorteile, wie beispielsweise eine wesentlich höhere Ausnutzung der Pressmatritze, da das Spritzpress-Verfahren keine so hohe Belastung - vergleichbar zur klassischen Vinyl-Herstellung - für das Werkzeug bedeutet.
Das österreichische Presswerk kdg mediatech hat im Jahre 2023 mit Green Vinyl eine strategische Partnerschaft abgeschlossen und lässt Pressungen mit dem Material PET von Green Vinyl aus den Niederlanden herstellen. Das links abgebildete Muster aus dieser Partnerschaft wurde auf der Pressekonferenz der High End 2024 in München zur Verfügung gestellt. Im Beiblatt zur dieser Produktion werden weitere Merkmale der Green Vinyl beschrieben.
     

Einige Anmerkungen zu Green Vinyl Records

Unser Besuch war am 07.06.2024 und ergab sich aus einem anderen Anlass, wo wir zu einem Termin in Eindhoven waren.
In Veldhoven in den Niederlanden steht eine Maschine für eine zuverlässige Produktion von Schallplatten aus dem Material PET, das auch aus recyceltem Ursprung sein kann. Der Werkstoff PET wird allgemein bei Einweg-Pfandflaschen eingesetzt und erhält als recycelte Version hier eine neue  Verwendung.
Die positive Klimabilanz wird in einem Zertifikat bestätigt (Bild links) und das bei einer Produktion ohne jegliche Qualitätsabstriche in der Wiedergabe der Musik. Zum Einsatz kommt das bei Musikfreunden beliebte 180gr Plattenmaterial, was der Laufruhe auf dem Plattenteller dienlich ist. Neben der klassischen schwarzen Version sind eine Vielzahl von Farben möglich und auch Picture-Disc.
Zu Beginn der Herstellung von Schallplatten aus PET wurden noch die üblichen Papieretiketten für die Label verwendet. Doch das wurde durch einen Direktdruck abgelöst und die Aushärtung erfolgt hier unter UV-Licht. Dieser Prozess ist in der Bildergalerie rechts gut zu sehen, wenn der Roboterarm die Schallplatten nach dem Pressvorgang zur Bedruckung weitergibt und anschließend die fertigen Disc mit Labeldruck auf das Band legt.
Die Stamper für beide Seiten - also die spiegelbildlichen Pressmatritzen - für die Replikation werden bei Green Vinyl zugeliefert und auch die Erstellung der Cover und Beipackmaterialien werden vom Auftragskunden selbst abgewickelt. Daher werden die fertigen Disc als Versandeinheiten foliert und mit schützenden Dummy-Schallplatten abgedeckt vor der Auslieferung an den Kunden. Dort erfolgt dann die Konfektionierung und Auslieferung an den Handel.
Da wir Harm Theunisse schon viele Jahre gut kennen, durften wir uns frei bewegen. Die schwarze Vinylpressung wurde an dem Tag gerade produziert, aber das kann man ja auch bei der Bildstrecke des Besuches erkennen. Lediglich die neue Installation der Temperatursteuerung für die Trocknung des Granulates PET durfte nicht fotografiert werde, um diese technische Innovation vor Nachahmungen zu schützen. Unseren Dank an Harm Theunisse für diese spontane Möglichkeit, den aktuellen Stand seiner Schallplattenproduktion sehen zu dürfen. Seit dem ersten Besuch im Jahre 2018 hat sich technisch sehr viel verändert.
     
   
 
 
   
   

Der weltweite Markt für Schallplatten

 
Die Nachfrage nach Vinylpressungen steigt seit Jahren ja bekanntermaßen Jahr für Jahr. Die Industrie ist darauf eingestellt und kann kurzfristig alle Aufträge erfüllen. Der Großteil der Produktionen ist aus klassischem Vinyl (PVC) und auch dort werden Anstrengungen unternommen, das Material umweltfreundlicher einzusetzen und auch Recycling zu betreiben und insbesondere den enormen Energiebedarf im Herstellungsprozess zu reduzieren. Die Versionen von Produktionen in PET sind technisch bedingt natürlich umweltschonender und energiefreundlicher. Hier ist es ja insbesondere neben Green Vinyl die Bertelsmann-Tochter Sonopress mit der EcoRecord, die eine Bedeutung im Markt haben. Das sind natürlich alles keine Selbstläufer, weil man sich im harten Wettbewerb beweisen muss.
Wenn man sich die aktuellen Marktanteile nach Produktionszahlen anschaut, dann werden in Europa immer noch nahezu knapp 60 Prozent der weltweiten Nachfrage hergestellt und Nordamerika ist mit knapp 40 Prozent dabei. Die wenigen noch fehlenden Prozentanteile kommen aus Indien und dem asiatischen Raum, wo langsam sich auch wieder eine Vinylproduktion entwickelt.
Und was die weltweiten Verkaufsumsätze mit der Vinyl-Schallplatte angeht, ist die Marktentwicklung nach wie vor positiv. Auch wenn bei Untersuchungen des Käufermarktes festgestellt wurde, dass ein nicht unerheblicher Teil der Käufer von Vinyl überhaupt kein Abspielgerät für diese Technik haben. Aber immer wieder wird bei Befragungen übereinstimmend erklärt, das es die Haptik der Schallplatte und auch oft der Wunsch ist, etwas von seinen Lieblings-Künstlern zu besitzen.
   
   
 
 
   
 
04.11.2024 - Quelle: Besuch von Green Vinyl in Veldhoven - Niederlande - am 07.06.2024 vom CD-Museum
Die Zusatzinformationen zum Vinylmarkt weltweit basieren auf den Auswertungen der Organisation ifpi, dem Verband der Musikindustrie.
Bei allen verwendeten Bildern und Logos liegt das Copyright bei den Rechteinhabern. Das Copyright der Bildstrecke und Einzelbilder liegt beim CD-Museum und steht nun im Rahmen der Kooperation mit dem Radiotechnikmuseum Köln auch hier auf der Website zur Verfügung. Dieser Bericht wurde vom Autor bereits am 10.10.2024 auf der Seite des CD-Museums veröffentlicht.
Green Vinyl Records:  https://www.greenvinylrecords.com
Symcon B.V.:  https://www.symconvinyl.com
kdg mediatech:  https://www.kdg.at/kdg-mediatech
   
   
 
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